Der brisante Titel könnte von der Bild-Zeitung kommen. Bild wird aber selten mit Bildung in Zusammenhang gebracht. Die Aussage im Titel erschließt sich schnell durch logisches Nachdenken über die Rechtssache “C-160/15“: Nacktfotos wurden illegal auf einer Website ins Internet gestellt. Das ist in der EU aber nicht in Fernost strafbar.
Die Herausgeber der niederländischen Ausgabe des Playboys haben als Geschädigte gegen europäische Websitebetreiber geklagt, welche Links auf die illegalen Nacktfotos gesetzt haben. Der Gutachter des europäischen Gerichtshofes hält die Links auf urheberrechtswidrige Angebote nicht für rechtswidrig.
Wahrscheinlich folgt das höchste europäische Gericht dem Gutachten. Das dürfte jetzt für Verlage zum Riesenproblem werden. In deren früheren Szenarien wurde zur Sicherung der Urheberrechte über Schultrojaner nachgedacht. Der Schultrojaner kam zwar nicht. Die Diskussion darüber erzielte dennoch Wirkung. Lehrern und Ausbildern wurde von ihren Vorgesetzten mit dem Hinweis auf das geltende Urheberrecht verboten, solche Links zu setzen oder YouTube-Lernvideos einzubinden.
Bisherige Drohkulissen sind jetzt nur noch denkbar, wenn eine rechtswidrige Zensur für Links eingeführt wird. Demnächst sind Unterrichtsszenarien denkbar, bei denen Lehrmaterialien ohne Beachtung des europäischen Urheberrechts auf außereuropäischen Servern bereitgehalten werden. Die auf den europäischen Lernplattformen gesetzten Links auf fernöstliche Server machen deren Inhalte dank des schnellen Internets genauso zugänglich, als wenn sie direkt vor Ort stehen würden. Das bedeutet quasi eine rechtmäßige Enteignung der Rechteinhaber. Das einzige, was mit den verlinkten Seiten weiterhin verboten bleiben wird: Sie dürfen nicht lokal gespeichert oder als pdf-Datei oder in gedruckter Form in den Verkehr gebracht werden.
So werden zu den Offshore-Finanzplätzen demnächst logischerweise die Offshore-Server-Farmen kommen, weil damit bis zu 400 Millionen Euro pro Jahr gespart werden können. Die Bereitstellung aller gängigen deutschen Bildungs-Materialien auf Offshore-Servern außerhalb des Geltungsbereiches europäischer Urheberrechte wird mit einem drei bis vierstelligen Monatsbudget zu machen sein.
Wenn es dank der Rechtssache “C-160/15” keine Klagemöglichkeit der Offshore-Geschädigten gibt, wird man machen, was mit Links machbar ist. Die Moral sollte bei der Bekämpfung von Offshore-Modellen nicht bemüht werden, weil sie in unserem Rechtssystem keine Rolle spielt. Vernünftig ist es, sich gütlich mit den Bildungsverlagen zu einigen. Sie könnten gegen angemessene Entschädigung ihre vorhandenen Materialien als offene Bildungsresourcen freigeben. Die bewährten Autoren behalten ihre Daseinsberechtigung, weil sie zukünftig gegen Bezahlung die Qualitätsstandards für überarbeitete Online-Auflagen sichern.
Bildungsverlage, welche nicht zum Überdenken des bisherigen Geschäftsmodells bereit sind, müssen langfristig befürchten, dass sie Dank der Offshore-Server das Nachsehen haben werden. Wer Entwicklungen verschläft, wird vom Markt verdrängt. Brockhaus und Encyclopedia Britannica wurden schon von der kostenlos zugänglichen Wikipedia verdrängt und der Bildung hat es nicht geschadet.